Erfolgreicher Protest gegen den „Tag der Bundeswehr“
An zwölf der vierzehn Standorte wurde den Bundeswehr-Feiern friedliche Proteste entgegengesetzt – dabei kam es allerdings auch zu Übergriffen von Militärfans.
Eigentlich wollte die Armee am 15. Juni ungestört um neuen – auch minderjährigen – Nachwuchs werben und die Bevölkerung für Auslandseinsätze und Aufrüstung gewinnen. Friedensaktivistinnen und -aktivisten unseres Verbands – der „Deutschen Friedensgesellschaft“ (DFG-VK) – und anderer Organisationen ließen die militärischen „Volksfeste“ aber an fast allen Standorten nicht unkommentiert: Vor allen Toren des gleich in mehrere Auslandseinsätze eingebundenen Fliegerhorsts Jagel in Schleswig-Holstein gab es ebenso Proteste wie im bayerischen Dillingen. Im hessischen Bad Hersfeld, wo der „Tag der Bundeswehr“ in den „Hessentag“ eingebunden war, nahmen rund 250 Menschen an einer Demonstration gegen das „Werben fürs Töten und Sterben“ teil. Vor der Generalfeldmarschall Rommel-Kaserne im ostwestfälischen Augustdorf wurde mit Besucherinnen und Besuchern des Militär-Events auch über die zweifelhafte Tradition der Armee diskutiert. Im niedersächsischen Faßberg „eroberten“ Aktivisten einen Panzer und einen „Karriere-Truck“ der Bundeswehr und hielten ein Transparent mit der Aufschrift „Unter 18 nie – Keine Minderjährigen in der Bundeswehr“ hoch – seit 2011 hat die deutsche Armee mehr als 11.500 17-Jährige an der Waffe ausgebildet. Auch in Münster, Koblenz, Cham, Erding, Hamburg, Stralsund und Pfullendorf gab es kreative Protestaktionen.
Die Aktiven aus den einzelnen Gruppen berichten allerdings über eine zunehmend aggressive Stimmung gegen sie. Beschimpfungen hat es immer schonmal gegeben, in diesem Jahr kam es vereinzelt aber auch zu tätlichen Übergriffen: Als einige Aktivistinnen und Aktivisten am Samstag in der durch Rekruten-Misshandlungen schon häufiger in die Medien geratenen Staufer-Kaserne militärkritische Transparente hochhielten, wurden sie von mehreren Besuchern des Bundeswehr-Tags angegriffen: Die Aktivistinnen und Aktivisten erlitten Prellungen. Einer stellte Strafanzeige gegen einen Besucher, weil dieser ihm büschelweise Haare ausriss. In Stralsund versuchten Militärfans in einem Handgemenge Aktivisten eine „Frieden schaffen ohne Waffen“-Fahne zu entreißen. Den Menschen wird beim „Tag der Bundeswehr“ Gewalt als Konfliktlösung präsentiert – einige scheinen das direkt zu beherzigen. Friedensaktivistinnen und -aktivisten berichten zudem von einem hohen Anteil augenscheinlich extrem rechts eingestellter Besucherinnen und Besucher mit eindeutigen Aussagen auf T-Shirts. In Pfullendorf wurde sogar ein Besucher mit dem Logo des Vereins „Uniter“ gesehen – der Verein ist in den Skandal um das rechte Hannibal-Netzwerk innerhalb von Bundeswehr und Polizei verstrickt. Diese Entwicklungen sind bedenklich – wenn auch nicht überraschend.
Dass der „Tag der Bundeswehr“ trotz des Millionen-Euro-Budgets – Steuergelder – auch in diesem Jahr wieder zu einem bundesweiten Aktionstag gegen Militär wurde, werten wir als großen Erfolg: Die Friedensbewegung mag kaum finanzielle Mittel haben, dafür ist das Engagement umso größer! Und auch das Interesse der Bevölkerung an dem Werbetag der Armee scheint abzunehmen: So waren an vielen Standorten nur knapp halb so viele Besucherinnen und Besucher wie vom Verteidigungsministerium erwartet – in Pfullendorf etwa nur 12.500 der erwarteten 20.000 Menschen. Wir fordern weiterhin ein Ende des „Tags der Bundeswehr“ und der skrupellosen Werbung um neuen Nachwuchs und Gewalt als Mittel der Politik.
Fotos von den Protesten am 15. Juni 2019: